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Brief für Unternehmer- und Freiberufler des Monats Dezember 2010


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Ehemaliger GmbH-GF hat keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung

2.

Gesellschafterliste: Eintragung eines Widerspruchs nur bei drohender Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs

3.

Lohnsteuerkarte 2010 gilt auch 2011

4.

Erhebliche Steuerschulden rechtfertigen Schließung von Maklerbetrieb

5.

Darlehensaufnahme zum Erwerb der Anteile einer GmbH

6.

Wettbewerbsverstöße einer Preissuchmaschine

7.

Einschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen in Vorjahren

8.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Mindestbesteuerung

9.

Nur hälftige Verlustberücksichtigung bei Veräußerungspreis von 1 EUR

10.

Gewinnzurechnung bei Mitunternehmerschaften mit abweichendem Wirtschaftsjahr

11.

Ablösung des Nießbrauchsrechts als nachträgliche Anschaffungskosten von GmbH-Anteilen

12.

Rückwirkende Begründung einer Organschaft nach Teilbetriebs-Ausgliederung

13.

Aktienbezug leitender Angestellter: Gemeiner Wert nicht notierter Anteile

14.

Vorläufige Bonuszusagen sind noch nicht rechtsverbindlich

15.

Klare Regelungen für dauernde Wertminderungen bei Aktien

16.

Deutschland und Schweiz unterzeichnen revidiertes Doppelbesteuerungsabkommen

17.

Schadensersatz bei illegaler Verbreitung von Musikaufnahmen

18.

Nicht erfasstes Betriebsvermögen: Keine Nachholung unterlassener AfA

19.

Abzug ausländischer Verluste: Vererblichkeit der Nachversteuerungspflicht?

20.

Automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Rentenalters?

21.

BMF: Auswirkung des MoMiG auf nachträgliche Anschaffungskosten (§ 17 EStG)

22.

BFH zweifelt an Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens

23.

Forderungsabtretung birgt umsatzsteuerliche Risiken

24.

Vorsteueraufteilung: Gelingt dem Umsatzschlüssel der Durchbruch?

25.

Reverse-Charge: Wer ist im Inland ansässig?

26.

Umsatzsteuer-Anwendungserlass ersetzt Umsatzsteuerrichtlinien

27.

Keine nachträglichen Anschaffungskosten bei freiwilliger Übernahme von Verbindlichkeiten

28.

Einspruchsrücknahme gegen Steuerbescheid nur ausnahmsweise unwirksam

29.

Steuerliche Handlungsempfehlungen zum Jahresende



1. Ehemaliger GmbH-GF hat keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung

Kernaussage
 Der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers hat typischerweise nur die Beschäftigung als leitendes Organ zum Inhalt. Der BGH hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob ein abberufener Geschäftsführer einer GmbH einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung in einer seiner früheren Tätigkeit vergleichbaren Funktion hat.

Sachverhalt
 Die beklagte GmbH ist Betreiberin der Bonner Bundeskunsthalle. Gesellschafter sind die BRD und die 16 Bundesländer. Der Kläger wurde 1989 zum Geschäftsführer bestellt. 2007 widerrief die Beklagte die Bestellung und kündigte den Anstellungsvertrag fristgemäß zum 31.12.2007. Der Kläger hielt dies für unwirksam und klagte u. a. auf Weiterbeschäftigung und Gehaltszahlung. Die Klage blieb vor dem Landgericht erfolglos. Das Oberlandesgericht stellte den Fortbestand des Dienstverhältnisses fest, verurteilte die Beklagte zur Zahlung der Vergütung und bejahte einen Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers in einer seiner früheren Tätigkeit ähnlichen leitenden Stellung über den 31.12.2007 hinaus. Einen Weiterbeschäftigungsanspruch in seiner bisherigen Geschäftsführer-Funktion sah das OLG nicht. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wies der BGH die Klage auf Weiterbeschäftigung in ähnlicher leitender Stellung nun auch ab.

Entscheidung
Einen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung durch die Beklagte in einer seiner früheren Stellung vergleichbaren leitenden Funktion verneint der BGH grundsätzlich. Der Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers hat regelmäßig nur die Tätigkeit als Geschäftsführer zum Inhalt. Eine Beschäftigung unterhalb der Organebene ist typischerweise nicht vereinbart und der abberufene Geschäftsführer kann sie daher auch nicht verlangen. Wegen des Fortbestehens des alten Dienstverhältnisses muss die Beklagte allerdings die vereinbarte Vergütung fortzahlen; insoweit war das Urteil der Vorinstanz rechtskräftig geworden.

Konsequenz
Eine Weiterbeschäftigung unterhalb der Organebene kann ein abberufener Geschäftsführer nur dann verlangen, wenn der Anstellungsvertrag die Möglichkeit einer anderen Tätigkeit vorsieht. Dies ist regelmäßig nicht der Fall.

2. Gesellschafterliste: Eintragung eines Widerspruchs nur bei drohender Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs

Kernaussage
Das Rechtsmittel der Beschwerde ist, nachdem sich die Hauptsache erledigt hat, statthaft, wenn ein Feststellungsinteresse vorliegt. ein solches hat höchstpersönlichen Charakter (§ 62 FamFG) und ist gegeben, wenn schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder ein Wiederholungsgefahr zu erwarten ist. Allerdings wird eine Wiederholungsgefahr nicht allein aufgrund der Verfahrenspraxis des Registergerichts für ausreichend gesehen. Die Verletzung von Rechten durch eine angefochtene, aber in der Hauptsache erledigte Entscheidung, setzt einen effektiven Eingriff in die Rechte des Betroffenen voraus.

Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, an die sämtliche Gesellschaftsanteile einer eingetragenen GmbH aufschiebend bedingt abgetreten wurden, beantragte die Eintragung eines Widerspruchs zu ihren Gunsten bei der Gesellschafterliste. Sie ist der Auffassung, dass durch die aufschiebend bedingte Abtretung eine Änderung in der Person der Gesellschafter eingetreten sei, da diese nun einer gesetzlichen Verfügungsbeschränkung unterliegen. Dem folgte das Registergericht nicht und wies den Antrag zurück. Hiergegen richtete sich die Beschwerde. Nachdem die Abtretung zwischenzeitlich wirksam war, beantragte die Beschwerdeführerin nunmehr, festzustellen, dass die Ablehnung des Registergerichts ihre Rechte verletzt habe.

Entscheidung
Das OLG wies den Antrag zurück. Ein Anspruch erfordert, dass die angefochtene Entscheidung den Beschwerdeführer durch einen effektiven Eingriff in seinen Rechten verletzt hat. Vorliegend bestand allenfalls eine abstrakte Gefahr für die künftige Rechtsinhaberschaft der Beschwerdeführerin. Eine solche Gefahr stellt keine Rechtsverletzung dar. Auch ist keine Wiederholungsgefahr (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 FamFG) gegeben. Diese kann nur begründet sein, wenn die Beschwerdeführerin erneut selbst neue Anteile aufschiebend bedingt erwerben will. Ein Verweis auf die Verfahrenspraxis der Registergerichte reicht nicht aus.

Konsequenz
Die Regelungen im Zusammenhang mit der Gesellschafterliste haben durch das MoMiG eine deutliche Veränderung erfahren. Bei einer aufschiebend bedingten Übertragung von Geschäftsanteilen wurde der Erwerber bislang durch § 161 Abs. 1 Satz 1 BGB vor Zwischenverfügungen des Veräußerers geschützt, da diese rückwirkend unwirksam wurden. Nunmehr dürfte der Zweiterwerber über § 161 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 3 GmbHG Eigentum erwerben. Ein Schutz des Ersterwerbers gegen vereitelnde Zwischenverfügungen sollte nach weiter Auffassung durch die Eintragung des Widerspruchs in die Gesellschafterliste gewährleistet sein. Diese Problematik bleibt weiterhin offen.

3. Lohnsteuerkarte 2010 gilt auch 2011

Fortgeltung der Lohnsteuerkarte 2010 auch in 2011
Die Lohnsteuerkarte 2010 war die letzte aus Papier; neue Karten werden nicht mehr verschickt. Für Arbeitnehmer bedeutet das: die Lohnsteuerkarte 2010 gilt auch im kommenden Jahr.

Grund für die Fortgeltung
Der Grund hierfür ist, dass der Gesetzgeber entschieden hat, das Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2012 auf ein elektronisches Verfahren umzustellen. Dann werden die für die Berechnung der Lohnsteuer benötigten Daten in einer Datenbank der Finanzverwaltung hinterlegt und den Arbeitgebern in elektronischer Form zum Abruf bereitgestellt.

Übergangszeitraum 2011
In der Übergangszeit des Jahres 2011 wird bereits unmittelbar das zuständige Finanzamt Ansprechpartner für Auskünfte zu den gespeicherten Daten und deren Änderung sein. In Bezug auf die Meldedaten (Familienstand, Geburt eines Kindes) bleibt es wie bisher bei der Zuständigkeit der Gemeinden.

Was zu beachten ist:
Der Arbeitgeber darf die Lohnsteuerkarte 2010 nicht am Jahresende vernichten, sondern muss die darauf enthaltenen Eintragungen auch für den Lohnsteuerabzug in 2011 zugrunde legen. Bei einem Arbeitgeberwechsel müssen Arbeitnehmer ihre Lohnsteuerkarte 2010 vom bisherigen Arbeitgeber zurückfordern und dem neuen aushändigen. Arbeitnehmer sind verpflichtet, Steuerklasse und Zahl der Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte 2010 umgehend durch das Finanzamt ändern zulassen, wenn die Eintragungen von den Verhältnissen zu Beginn des Jahres 2011 zu ihren Gunsten abweichen. Auf der Lohnsteuerkarte 2010 eingetragene Freibeträge gelten unabhängig vom Gültigkeitsbeginn auch in 2011 weiter. Zur Vermeidung von Nachzahlungen bei der Einkommensteuerveranlagung 2011 kann eine Herabsetzung der Freibeträge beantragt werden. Wird im Jahr 2011 erstmalig eine Lohnsteuerkarte benötigt, stellt das zuständige Finanzamt eine Ersatzbescheinigung anstelle einer Lohnsteuerkarte aus. Weiterführende Informationen sind unter www.elster.de abrufbar.

4. Erhebliche Steuerschulden rechtfertigen Schließung von Maklerbetrieb

Kernaussage
Der Widerruf der Maklererlaubnis und die Schließung des Maklerbetriebs durch die Gewerbeaufsicht sind rechtmäßig, wenn der Makler wegen erheblicher Steuerrückstände als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen ist.

Sachverhalt
Der Kläger erhielt im Jahr 2000 eine Maklererlaubnis. In der Folgezeit häuften sich Steuerrückstände und nicht bezahlte Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt mehr als 83.000 EUR. Aus diesem Grund regte das Finanzamt das Einschreiten der Gewerbeaufsicht gegen den Kläger an. Diese widerrief dessen Maklererlaubnis und verfügte die Schließung des Betriebs sowie die Einstellung der Gewerbetätigkeit, da der Kläger gewerberechtlich unzuverlässig sei. Der Kläger wandte im Wesentlichen ein, dass er im Jahr 2005 einen Schlaganfall erlitten habe, der seine Arbeitstätigkeit beeinträchtigt habe. Zudem leiste er monatliche Zahlungen auf die Schulden. Widerspruch und Klage gegen die behördliche Schließung des Maklerbetriebes blieben erfolglos.

Entscheidung
Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab und war der Ansicht, der Kläger sei als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen, da er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür biete, dass sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betrieben wird. Steuerrückstände sind geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, wenn sie ihrer absoluten Höhe nach von Gewicht sind und auch die Zeitdauer der Nichterfüllung der Steuerpflichten von Bedeutung ist. Der Schlaganfall rechtfertigt keine günstigere Entscheidung, zumal erhebliche Steuerschulden bereits zuvor realisiert waren. Der Kläger hätte auf Grundlage eines tragfähigen Sanierungskonzepts die Schulden zurückführen oder aber das Gewerbe mit Rücksicht auf das Vermögen Dritter einstellen müssen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

Konsequenz
Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Annahme gewerblicher Unzuverlässigkeit kein Verschulden oder charakterliche Mängel voraussetzt. Es ist im Rahmen der Gewerbeordnung (hier: § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO) vielmehr belanglos, welche Ursachen zu der Überschuldung bzw. den Steuerschulden und einer daraus resultierenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Gewerbetreibenden geführt haben. Die Gewerbeuntersagung dient in erster Linie dem Schutz der Allgemeinheit.

5. Darlehensaufnahme zum Erwerb der Anteile einer GmbH

Kernaussage
Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen stellt sich als Kapitalanlage dar, die regelmäßig dem privaten Bereich zuzuordnen ist. Die Aufnahme eines Darlehens zum Erwerb der Anteile einer GmbH stellt dementsprechend keine gewerbliche Tätigkeit dar. Die Verjährung der Ansprüche der kreditgebenden Bank gegenüber dem Darlehensnehmer als Verbraucher sind daher für 10 Jahre gehemmt (§ 497 Abs. 3 Satz 3 BGB).

Sachverhalt
Im März 2000 schloss der Beklagte mit der Bank einen Vertrag zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von 390.000 EUR. Mit dem Darlehen sollten Gesellschaftsanteile an einer GmbH finanziert werden. Gemäß dieser Zweckerklärung erwarb der Beklagte sämtliche Anteile an der GmbH und wurde deren Geschäftsführer. Im Juli 2002 musste der Beklagte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH stellen. Mit Schreiben vom August 2002 kündigte die Bank das Darlehen wegen Vermögensverfall fristlos. Im Juli 2005 trat die Bank sämtliche Forderungen aus dem Vertrag an die Klägerin ab. Diese begehrt die Rückzahlung eines Teilbetrags von 50.000 EUR aus dem gewährten Darlehen. Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

Entscheidung
Das OLG gab der Klage abändernd statt. Der Verjährung der geltend gemachten Ansprüche steht die gesetzliche Regelung entgegen, nach der die Verjährung von Darlehensrückzahlungsansprüchen und Zinsen vom Eintritt des Verzuges (hier der berechtigten Darlehenskündigung) bis zu ihrer rechtskräftigen Feststellung für bis zu 10 Jahre gehemmt ist (§ 497 Abs. 3 Satz 3 BGB). Die Anwendung dieser Vorschrift erfordert, dass der Kläger als Verbraucher (§ 13 BGB) tätig geworden ist. Die Verbrauchereigenschaft ist davon abhängig, ob es sich um eine Tätigkeit im privaten oder im gewerblichen Bereich handelt. Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen stellt sich als Kapitalanlage dar, die dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzuordnen ist. Dies gilt unabhängig vom Grad der Beteiligung und der Willensrichtung des Handelnden sowie unabhängig von den Fragen, ob der Darlehensnehmer zudem Geschäftsführer der GmbH wird oder es sich um einen Unternehmenskauf handelt. Maßgeblich ist die objektive Zielrichtung.

Konsequenz
In diesem Fall wirken sich die Verbraucherschutzvorschriften nachteilig für den Verbraucher aus. Hintergrund für die Verlagerung des Verjährungseintritts ist die vom Regelfall abweichende Bestimmung zur Tilgung der Ansprüche (Kosten, Zinsen, Hauptforderung). Nach § 497 Abs. 3 BGB werden Zahlungen des Schuldners erst auf die Kosten der Rechtsverfolgung, dann auf die Hauptforderung und erst zuletzt auf die Zinsen angerechnet.

6. Wettbewerbsverstöße einer Preissuchmaschine

Kernaussage
Teilt der Händler die Preisangaben eines Produkts dem Betreiber einer Suchmaschine mit, kann diese in der Suchmaschine auftretende Werbung wegen unzureichender oder irreführender Preisangaben einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung oder das Irreführungsverbot darstellen. In diesem Fall ist der Händler dafür wettbewerbsrechtlich als Täter verantwortlich.

Sachverhalt
Die Klägerin betreibt einen Online-Shop für Elektronikprodukte. Auf der Internetseite der Preissuchmaschine froogle.google.de wurde für eine von der Klägerin angebotene Digitalkamera zum Preis von 249,01 EUR geworben, ohne Angaben von Liefer- und Versandkosten. Auf der über einen Link erreichbaren Internetseite der Klägerin hingegen wurde die Kamera zum Preis von 259,00 EUR (inkl. MwSt.) zzgl. 5,90 EUR Versandkosten angeboten. Die Beklagte wendet sich mit Unterlassungsanträgen dagegen, dass in der Werbung für einen Fernabsatzvertrag keine Angaben über anfallende zusätzliche Liefer- und Versandkosten gemacht wurden sowie dagegen, dass in der Internet-Preissuchmaschine ein geringerer Preis angekündigt wurde, als tatsächlich im eigenen Online-Shop. LG und OLG gaben der Widerklage statt. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BGH erfolglos.

Entscheidung
Die Unterlassungsanträge sind begründet (§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und Abs. 6, Satz 1 und 2 PAngV). Das OLG hatte zurecht angenommen, dass die Klägerin für ihr eigenes wettbewerbswidriges Verhalten haftet, in dem sie den Suchmaschinenbetreiber dazu veranlasst, für die von ihr angebotene Kamera ohne Angabe von zusätzlichen Versandkosten zu werben. Dies widerspricht den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit nach der Preisangabenverordnung (PAngV), die eine leichte Vergleichbarkeit der Gesamtpreise (inkl. Versandkosten) ermöglichen sollen. Ferner ist die Klägerin wettbewerbsrechtlich dafür verantwortlich, dass sie in der Suchmaschine für die betreffende Kamera einen Preis angegeben hat, der niedriger ist, als der Preis, den sie tatsächlich in ihrem Online-Shop verlangt. Sie hätte eine Abweichung zwischen dem in der Suchmaschine ausgewiesenen und dem tatsächlich Preis durch geeignete Vorkehrungen vermeiden müssen.

Konsequenz
Im Rahmen von Preissuchmaschinen haftet der Händler für die von ihm angegeben und vom Suchmaschinenbetreiber eingestellten Preisangaben. Die Preisangaben müssen zudem unter Nennung evtl. zusätzlich anfallender Liefer- und Versandkosten erfolgen und müssen dem tatsächlich vom Händler geforderten Preis entsprechen.

7. Einschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen in Vorjahren

Kernproblem
Schuldzinsen sind - selbst wenn sie betrieblich veranlasst sind - nicht abzugsfähig, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist dabei der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden dabei typisierend mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich Überentnahmen der vorangegangenen Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), angenommen. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 EUR verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr tatsächlich angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen. Es war bislang nicht höchstrichterlich geklärt, ob die Hinzurechnung von Schuldzinsen aufgrund von Überentnahmen auch dann vorzunehmen ist, wenn zwar im Veranlagungszeitraum keine Überentnahme vorliegt, sich aber ein Saldo aufgrund von Überentnahmen aus den Vorjahren ergibt.

Sachverhalt
Der Steuerpflichtige hatte in den Veranlagungszeiträumen bis einschließlich 2001 unzweifelhaft Überentnahmen im o. g. Sinne getätigt. Die im Streitjahr 2002 vorliegende Unterentnahme konnte diese Überentnahmen nicht ausgleichen. Das Finanzamt erhöhte die Einkünfte des Steuerpflichtigen entsprechend um 6 % der insgesamt verbleibenden Überentnahme. Die hiergegen gerichtete Klage des Steuerpflichtigen blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist für die Prüfung, ob eine Überentnahme vorliegt, nicht nur auf das jeweilige Wirtschaftsjahr abzustellen. Vielmehr sei nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift offensichtlich, dass die Regelung periodenübergreifend angelegt sei und Schuldzinsen für Überentnahmen so lange nicht abziehbar bleiben sollen, bis der Überhang an Überentnahmen durch Gewinne und Einlagen wieder ausgeglichen ist. Für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen ist daher der jährlich fortzuschreibende Saldo sämtlicher Über- und Unterentnahmen maßgeblich. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift seien nicht erkennbar, da die Nichtabzugsfähigkeit der Schuldzinsen an Überentnahmen und damit an private Ursachen anknüpfe. Die 6 %ige Typisierung sowie die fehlende Gegenbeweismöglichkeit seien ebenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich.

Konsequenz
Der BFH bestätigt die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die Prüfung von Überentnahmen periodenübergreifend durchzuführen ist. Die zum Teil gegen die Vorschrift geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der BFH nicht, weist jedoch grundsätzlich auf die Möglichkeit der Einkünftekorrektur hin, wenn die Hinzurechnung im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führt.

8. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Mindestbesteuerung

Kernproblem
Seit 2004 gilt die sog. Mindestbesteuerung, wonach in den Vorjahren nicht ausgeglichene Verluste in den folgenden Veranlagungszeiträumen nur noch bis zu einer Höhe von 1 Mio. EUR unbeschränkt abgezogen werden dürfen, ein übersteigender Verlustbetrag aber nur bis zu 60 % des 1 Mio. EUR übersteigenden Betrags. Dies bedeutet bspw. bei einem Verlustvortrag von 5 Mio. EUR und einem Gewinn von 3 Mio. EUR, dass lediglich 2,2 Mio. EUR des Verlustvortrags genutzt werden können und somit 0,8 Mio. EUR (40 % von 2 Mio. EUR) der Besteuerung unterliegen. Der verbleibende Verlustvortrag kann erst in den Folgejahren abgezogen werden. Gegen diese zeitliche Streckung des Verlustvortrags hat der BFH bislang grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert. Nicht zu entscheiden hatte er allerdings bislang über Fälle, in denen der Verlustabzug in späteren Jahren endgültig ausgeschlossen war.

Sachverhalt
Eine GmbH verfügte über Verlustvorträge von über 35 Mio. EUR. Im Streitjahr 2007 erzielte sie einen Gewinn von 4 Mio. EUR, so dass trotz höheren Verlustvortrags ca. 1,2 Mio. EUR (40 % von 3 Mio. EUR) der (Mindest-)Besteuerung unterlagen. Nur ein Jahr später kam es aufgrund eines Gesellschafterwechsels zu einem endgültigen Untergang des verbleibenden Verlustvortrags. Die GmbH verlangte für 2007 einen vollständigen Abzug des Verlustvortrags, den das Finanzamt mit Hinweis auf die Mindestbesteuerung ablehnte. Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht Nürnberg war insoweit erfolgreich, als dass das Gericht die verfassungsrechtlichen Bedenken der GmbH teilte. Dieser Auffassung schloss sich der BFH im Revisionsverfahren an.

Entscheidung
Der BFH bestätigte seine frühere Rechtsprechung, wonach an der Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung grundsätzlich keine Zweifel bestehen. Dies gelte aber nur solange, wie ein Abzug der verbleibenden Verluste in den Folgejahren noch grundsätzlich möglich ist. Verfassungsrechtliche Bedenken beständen jedoch in den Fällen, in denen es zu einem endgültigen Untergang der Verlustvorträge komme. Zu einem teilweisen bzw. vollen Verlustuntergang kann es bspw. dann kommen, wenn mehr als 25 % bzw. 50 % der Anteile an einer GmbH übertragen werden.

Konsequenz
Der für den Steuerpflichtigen günstige Beschluss des BFH erging in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, so dass dieser noch keine endgültige Bindungswirkung in einem Revisionsurteil entfaltet. Die Tatsache, dass die Entscheidung indes amtlich veröffentlicht werden soll, kann indes als positives Zeichen für den Steuerpflichtigen gedeutet werden. Für die Praxis empfiehlt sich bis zur endgültigen Klärung der Rechtsfrage daher ein Offenhalten entsprechender Bescheide.

9. Nur hälftige Verlustberücksichtigung bei Veräußerungspreis von 1 EUR

Kernproblem
Veräußert eine natürliche Person eine von ihr im Privatvermögen gehaltene Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, an der sie innerhalb der letzten 5 Jahren zu mindestens 1 % beteiligt war, so ist ein Gewinn hieraus zu 60 % (bis einschließlich 2008: 50 %) steuerpflichtig (Teileinkünfteverfahren). Korrespondierend ist ein etwaiger Verlust aus der Veräußerung ebenfalls nur zu 60 % (bis 2008: 50 %) zu berücksichtigen. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BFH ist das 60 %ige (bzw. 50 %ige) Verlustabzugsverbot aber nicht anwendbar, wenn der Steuerpflichtige in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt Beteiligungserträge aus seiner Kapitalgesellschaft erzielt hat. In diesem Fall ist der Verlust vielmehr zu 100 % zu berücksichtigen. Dieser Auffassung hat sich zwischenzeitlich auch die Finanzverwaltung angeschlossen.

Sachverhalt
In 1990 erwarb der Kläger sämtliche Anteile an einer GmbH zu einem Kaufpreis von 70.000 DM, die er in 2004 zu einem "symbolischen" Kaufpreis von 1 EUR veräußerte. Den Veräußerungsverlust von 35.789 EUR machte der Kläger in seiner Steuererklärungen 2004 voll geltend. Mit Hinweis auf das Halbeinkünfteverfahren (ab 2009: Teileinkünfteverfahren) berücksichtigte das Finanzamt den erklärten Verlust nur zur Hälfte. Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht Düsseldorf blieb erfolglos.

Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist die Anwendbarkeit des Halbabzugsverbot auf den Veräußerungsverlust unzweifelhaft gegeben. Die Rechtsprechung des BFH, wonach ein Veräußerungsverlust unter Umständen zu 100 % geltend gemacht werden kann, greife vorliegend nicht. Voraussetzung für die volle Berücksichtigung des Verlustes sei nämlich, dass dem Steuerpflichtigen zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit Einnahmen aus der Beteiligung zugeflossen seien. Die Zahlung des Kaufpreises von 1 EUR sei hierbei aber bereits als "schädliche" Einnahme zu werten. Das Finanzgericht erkennt zwar das möglicherweise als unbefriedigend empfundene Ergebnis, dass eine Anteilsveräußerung zu einem Preis von 1 EUR die Anwendung des Halbabzugsverbot auslöst, während eine Veräußerung zu 0 EUR einen unbeschränkten Verlustabzug ermöglicht. Diese unterschiedlichen Rechtsfolgen seien jedoch folgerichtig.

Konsequenz
Das Finanzgericht hat die Revision beim BFH zugelassen, so dass entsprechende Fälle weiterhin offen gehalten werden sollten. Zu beachten ist die voraussichtliche Gesetzesänderung im Rahmen des JStG 2010, wonach zukünftig Veräußerungsverluste grundsätzlich unabhängig vom Vorliegen von Einnahmen stets nur zu 60 % abzugsfähig sind. Nach derzeitigem Gesetzgebungsstand ist die Neuregelung ab 2011 anwendbar, sodass in entsprechenden Fällen ggf. noch Verluste bis zu diesem Zeitpunkt in voller Höhe berücksichtigt werden können.

10. Gewinnzurechnung bei Mitunternehmerschaften mit abweichendem Wirtschaftsjahr

Kernproblem
Grundsätzlich gilt, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb bei abweichendem Wirtschaftsjahr als in dem Kalenderjahr bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG). Endet also ein Wirtschaftsjahr am 31.3.2010, so gilt der komplette Gewinn des Wirtschaftsjahres als im Veranlagungszeitraum 2010 bezogen. Diese Vorschrift ist grundsätzlich auch auf Gewinnanteile von Mitunternehmern an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft anzuwenden. Nicht hinreichend geklärt ist allerdings bislang die Frage, ob diese Grundsätze auch gelten, wenn ein Mitunternehmer im ersten von dem abweichenden Wirtschaftsjahr betroffenen Kalenderjahr ausscheidet.

Sachverhalt
Der Kläger war Gesellschafter einer OHG, deren Wirtschaftsjahr vom 1.3. bis 28.2. des Folgejahres lief. Mit Vertrag vom 15.12.2003 brachte der Kläger seine Beteiligung an der OHG mit Wirkung vom 2.12.2003 in eine Stiftung ein und schied als Gesellschafter bei der OHG aus. Den anteiligen bis zum 2.12.2003 erzielten Gewinnanteil erfasste das Finanzamt bereits im Einkommensteuerbescheid 2003. Die hiergegen gerichtete Klage, mit der der Kläger eine Berücksichtigung erst im Einkommensteuerbescheid 2004 begehrte, war beim Finanzgericht erfolgreich. Im Revisionsverfahren teilte der BFH indes die Auffassung der Finanzverwaltung.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist der Gewinn bereits im Einkommensteuerbescheid 2003 zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz treffe die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 2 EStG keine Entscheidung über die Zuweisung von Gewinnen von Mitunternehmern, die während des abweichenden Wirtschaftsjahres aus der Mitunternehmerschaft ausscheiden. Es beständen daher keine Zweifel, dass deren Gewinne bereits im Jahr des Ausscheidens zu erfassen sind. Der Gewinnermittlungszeitraum für den einzelnen Mitunternehmer sei durch den Einkunftserzielungszeitraum bestimmt, der durch die Dauer der Beteiligung begrenzt sei und der für den im Lauf des Wirtschaftsjahres ausscheidenden Mitunternehmer mit dessen Ausscheiden ende.

Konsequenz
Die Entscheidung des mit der Streitsache aktuell befassten Senats des BFH steht in Einklang mit früheren Entscheidungen anderer BFH-Senate, so dass wohl von einer endgültigen Klärung der Rechtsfrage ausgegangen werden kann. Demnach steht fest, dass im Fall des Ausscheidens von Mitunternehmern deren anteiliger Gewinn bereits im Jahr des Ausscheidens als bezogen gilt.

11. Ablösung des Nießbrauchsrechts als nachträgliche Anschaffungskosten von GmbH-Anteilen

Kernproblem
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war (§ 17 EStG). Der Veräußerungsgewinn ist dabei definiert als der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Hat der Veräußerer die Anteile unentgeltlich erworben, so sind die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgebend. Eine unentgeltliche Übertragung kann bspw. im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge vorliegen, wobei sich der Überträger in der Praxis häufig ein Nießbrauchsrecht vorbehält. Dadurch sind dem Überträger bzw. Schenker auch zukünftig die Kapitalerträge aus der übertragenen Beteiligung zuzurechnen. Ungeklärt ist bislang die Frage, ob ein Ablösebetrag für den späteren Verzicht des Rechtsvorgängers auf das Nießbrauchsrecht als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen ist.

Sachverhalt
In 2004 hatte der Vater des Klägers diesem ca. 65 % der Anteile an einer GmbH unter dem Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts unentgeltlich übertragen. 2 Jahre später (2006) zahlte der Kläger seinem Vater einen Ablösebetrag als Gegenleistung für den Verzicht auf das Nießbrauchsrecht, da er sämtliche Anteile an der GmbH im Streitjahr 2007 an einen Dritten veräußerte. Abweichend von der eingereichten Einkommensteuererklärung 2007 behandelte das Finanzamt den gezahlten Ablösebetrag nicht als nachträgliche Anschaffungskosten, mit der Folge eines entsprechend höheren Veräußerungsgewinns. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf ist der Ablösebetrag als nachträgliche Anschaffungskosten zu behandeln. Ohne die Ablösung des Nießbrauchsrechts hätte der Kläger die nießbrauchsbelasteten Anteile möglicherweise gar nicht oder nur zu einem entsprechend niedrigeren Preis veräußern können. Die Aufwendungen seien somit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und dementsprechend als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen.

Konsequenz
Da die Rechtsfrage bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, hat das FG die Revision zum BFH zugelassen. In der Praxis ist darauf zu achten, dass in der in Folge einer unentgeltlichen Übertragung von GmbH-Anteilen geleisteten Zahlung eines Ablösebetrags für den Verzicht auf das Nießbrauchsrecht nachträglich eine (steuerpflichtige) Anteilsveräußerung gesehen werden kann, sofern der Verzicht nicht auf einer neuen Entwicklung der Verhältnisse beruht.

12. Rückwirkende Begründung einer Organschaft nach Teilbetriebs-Ausgliederung 

Kernproblem
Die Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft bietet aus steuerlicher Sicht insbesondere den Vorteil, dass Gewinne und Verluste von rechtlich selbstständigen Unternehmen miteinander verrechnet werden können. Die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft setzt aber u. a. voraus, dass dem Organträger vom Beginn des Wirtschaftsjahres an die Mehrheit der Stimmrechte an der Tochterkapitalgesellschaft zustehen. Fraglich war bislang, ob diese Voraussetzung auch im Fall einer rückwirkenden Umwandlung erfüllt ist.

Sachverhalt
Im Streitfall wurde eine Kapitalgesellschaft durch Ausgliederung eines Teilbetriebs zunächst neu gegründet und sodann in eine 100 %ige Tochterkapitalgesellschaft eingebracht. Als steuerlicher Übertragungsstichtag wurde jeweils der 31.12.2003 gewählt. Die notwendigen Gesellschafterbeschlüssen wurden im April 2004 getroffen, die Eintragung im Handelsregister erfolgte indes erst später in 2004. Die Finanzverwaltung verweigerte für 2004 die Anerkennung der ertragsteuerlichen Organschaft, da die neugegründete Organgesellschaft zum 1.1.2004 faktisch noch nicht bestand und somit zu diesem Zeitpunkt auch keine Mehrheit der Stimmrechte beim Organträger vorliegen konnten. Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht blieb erfolglos, nicht hingegen die Revision beim BFH.

Entscheidung
Der BFH bejahte vorliegend die ertragsteuerliche Organschaft bereits im Streitjahr 2004. Die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger sei auch dann gegeben, wenn die Organgesellschaft erst rückwirkend durch Ausgliederung eines Teilbetriebs zur Neugründung entstehe. Das übergehende Vermögen in Form des ausgegliederten Teilbetriebs sei bereits vor der Umwandlung in die Überträgerin eingegliedert gewesen. Diese Eingliederung gelte nunmehr für die den Teilbetrieb übernehmende GmbH fort (Fußstapfentheorie).

Konsequenzen
Der BFH bestätigt die herrschende Meinung im Schrifttum, wonach die finanzielle Eingliederung einer Organgesellschaft in ihre Muttergesellschaft auch gegeben ist, wenn die Organgesellschaft erst rückwirkend durch Ausgliederung eines Teilbetriebs zur Neugründung entsteht. Nach Aussagen von Vertretern der Finanzverwaltung wird derzeit aber diskutiert, das Urteil mit einem Nichtanwendungserlass zu belegen. In diesem Fall muss der Steuerpflichtige erneut den Klageweg beschreiten, sofern nicht mit Hinweis auf etwaige andere Klageverfahren ein Ruhelassen des Verfahrens vereinbart werden kann.

13. Aktienbezug leitender Angestellter: Gemeiner Wert nicht notierter Anteile

Kernfrage
Arbeitnehmer haben den verbilligten Bezug von Beteiligungen an ihrem Arbeitgeber als geldwerten Vorteil zu versteuern. Versteuert wird die Differenz zwischen dem "billigeren" Arbeitnehmerkaufpreis und dem gemeinen Wert der Beteiligung. Dabei wird der gemeine Wert der Beteiligung regelmäßig aus Fremd-Verkaufspreisen abgeleitet. Der Bundesfinanzhof hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob der Fremd-Verkaufspreis herangezogen werden kann, wenn objektive Umstände vorliegen, die eine höhere Bewertung richtig erscheinen lassen.

Sachverhalt
Der Kläger hatte vor dem Börsengang Aktien seines Arbeitgebers erworben, bei deren Erwerb eine Bewertung des Unternehmens mit rd. 30 Mio. EUR zugrunde lag. Im Zuge des Börsengangs des Arbeitgebers wurden diese Aktien mit einem Kurswert von rd. 90 EUR/Stück in das Depot des Klägers eingebucht. Allerdings hatte die den Börsengang begleitende Bank das Unternehmen im Zuge des Börsengangs mit rd. 150 Mio. EUR bewertet. Das Finanzamt qualifizierte den Erwerb der Aktien als einen im Rahmen des Dienstverhältnisses des Klägers verbilligten Sachbezug in Form einer Kapitalbeteiligung an seinem Arbeitgeber. Es ermittelte aus dem Börsenkurs bei Einbuchung in das Depot des Klägers einen geldwerten Vorteil in Millionenhöhe und setzte dementsprechend Einkommensteuer fest. Dagegen wandte sich der Kläger.

Entscheidung
Der BFH hob das zugunsten des Klägers ergangene Urteil gegen die Einkommensteuerfestsetzung auf und verwies die Sache zurück. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts dürfe die Bewertung der Aktien nicht aus den Käufen abgeleitet werden, die der Kläger vor dem Börsengang getätigt hatte. Vielmehr seien die Aktien mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen. Dieser könne zwar grundsätzlich aus Verkäufen abgeleitet werden, die weniger als ein Jahr zurückliegen, wenn nach den Veräußerungen aber noch vor dem Bewertungsstichtag nicht weitere objektive Umstände hinzutreten, die dafür sprechen, dass diese Verkäufe nicht mehr den gemeinen Wert der Aktien repräsentieren. Treten solche Umstände hinzu, sei der gemeine Wert der Aktien unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen. Im konkreten Fall lagen solche Umstände durch die von der den Börsengang begleitenden Bank unterstellten und publizierten Unternehmensbewertung vor, die einen 5-mal höheren Unternehmenswert annahm als dies beim Erwerb der Aktien der Fall gewesen war.

Konsequenz
Die Entscheidung birgt erhebliche Risiken für Arbeitnehmer mit Kapitalbeteiligungen. Insbesondere bei Börsengängen oder bei zeitnah nach dem Erwerb von Beteiligungen am Arbeitgeber eintretenden Werterhöhungen beim Unternehmen des Arbeitgebers droht die (nachträgliche) Einkommensbesteuerung.

14. Vorläufige Bonuszusagen sind noch nicht rechtsverbindlich

Kernfrage
Ist einem Arbeitnehmer die Teilnahme an einem Bonusprogramm zugesagt, hat er einen Anspruch auf Auszahlung eines Bonus. Da dessen Umfang regelmäßig vom Betriebsergebnis abhängt, steht die endgültige Höhe der Bonuszahlung erst nach Ablauf des Bonuszeitraums fest. Regelmäßig teilen Arbeitgeber aber die voraussichtliche Höhe des Bonus mit. Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte nunmehr darüber zu befinden, ob die Mitteilung über die voraussichtliche Höhe des Bonus Bindungswirkung hat, wenn der tatsächliche Bonus erheblich abweicht.

Sachverhalt
Den Klägern, allesamt bonusberechtigte Arbeitnehmer, war während des Geschäftsjahres die Höhe der für alle Bonuszahlungen insgesamt zur Verfügung stehenden Summe mitgeteilt worden. Ferner war ihnen gesagt worden, dass die endgültige individuelle Festlegung der Boni mit gesondertem Schreiben erfolgen werde. Darüber hinaus enthielt die Mitteilung Hinweise auf die voraussichtliche Bonushöhe sowie eine noch stattfindende endgültige Gesamtprüfung. Später teilte der Arbeitgeber mit, dass lediglich 10 % der ursprünglichen Gesamtsumme ausgeschüttet würden, weil sich die finanzielle Lage dramatisch verschlechtert habe.

Entscheidung
Die auf Zahlung der voraussichtlichen Boni gerichteten Klagen hatten keinen Erfolg. Die ursprünglichen Mitteilungen stellten noch keine verbindliche Zusage dar, so das Gericht. Auch aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ließe sich nichts ableiten, was einen Anspruch stützen könnte. Auch die Ermessensentscheidung des Arbeitgebers hinsichtlich des Umfangs der Reduzierung sei angemessen erfolgt.

Konsequenz
Wenn und soweit der Arbeitgeber in Informationsschreiben hinreichend deutlich macht, dass Ansprüche noch nicht endgültig, sondern vielmehr noch von weiteren Faktoren abhängig sind, können Informationsschreiben in der Regel keinen Anspruch begründen. Allerdings hat das Hessische Landesarbeitsgericht die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Die letztgültige Entscheidung bleibt abzuwarten.

15. Klare Regelungen für dauernde Wertminderungen bei Aktien 

Kernproblem
Das BMF hatte in 2009 Grenzen zur Möglichkeit der außerplanmäßigen Abschreibung von im Finanzanlagevermögen gehaltenen Aktien bei voraussichtlich dauernder Wertminderung gesetzt. In enger Anlehnung an einen vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall wurde die Voraussetzung für die Anerkennung einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auf einen Börsenkurs am Bilanzstichtag von mehr als 40 % oder mehr als 25 % an 2 aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen unter dem Kurswert bei Anschaffung festgesetzt.

Sachverhalt
Die Klägerin hielt Aktien im Betriebsvermögen. Deren Wert war zum Bilanzstichtag deutlich unter die ursprünglichen Anschaffungskoten gesunken und lag teilweise um fast 30 % niedriger. Die Klägerin war dar Auffassung, die Wertminderung sei als "voraussichtlich dauernd" anzusehen und nahm eine gewinnmindernde Teilwertabschreibung vor (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Dies erkannte das beklagte Finanzamt nicht an und berief sich auf die allgemeine Verwaltungsanweisung, nach der eine Teilwertabschreibung voraussetzt, dass der Börsenkurs zum jeweiligen Bilanzstichtag um mehr als 40 % unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Das Finanzgericht gab der Klage teilweise statt.

Entscheidung
Dass die sehr enge Auslegung des BMF einer Prüfung unterzogen würde, war nur eine Frage der Zeit. Das Finanzgericht Münster sieht nunmehr eine Abschreibung auf als Finanzanlagen gehaltene Aktien bereits dann als gerechtfertigt an, wenn der Börsenkurs am Bilanzstichtag mehr als 20 % oder mehr als 10 % an 2 aufeinanderfolgenden Bilanzstichtagen unter dem Kurswert bei Anschaffung liegt. Das Gericht greift damit das Argument des BFH auf, dass ein gesunkener Börsenkurs als Auffassung der Marktteilnehmer über den Wert der Kapitalanlage am besten geeignet ist, als Grundlage für die vernünftige kaufmännische Beurteilung zu dienen.

Konsequenz
Eine Abschreibung auf als Finanzanlagen gehaltene Aktien kommt zukünftig auch bei wesentlich geringeren Kursverlusten in Betracht, als es zuvor der Fall war. Allerdings ist der Anwendungsbereich in der Regel begrenzt. Insbesondere bei Körperschaften als Anteilseigner wird sich eine Abschreibung bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung in der Regel nicht empfehlen, da sich diese nicht steuermindernd auswirkt. Bei einer etwaigen Zuschreibung in einem Folgejahr ist die Auswirkung sogar negativ. Bei Einzelkaufleuten sind die Auswirkungen im Einzelfall zu prüfen und bei Anwendung der vom FG Münster vorgelegten Grundsätze unter Verweis auf das zurzeit anhängige Verfahren beim BFH offen zu halten. Die oberste Gerichtsentscheidung über die Anerkennung von Abschreibungen auf im Finanzanlagevermögen gehaltenen Aktien bleibt also noch abzuwarten.

16. Deutschland und Schweiz unterzeichnen revidiertes Doppelbesteuerungsabkommen

Unterzeichnung des revidierten DBA Deutschland-Schweiz
Am 27.10.2010 haben Bundesrat Hans-Rudolf Merz (Schweiz) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble das revidierte Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz (im Folgenden: DBA-Schweiz) nach OECD-Standard unterschrieben. Dies hat das BMF per Pressemitteilung vom gleichen Tag bekanntgegeben.

Einführung der sog. großen Auskunftsklausel (Artikel 27 DBA-Schweiz)
Wesentliche Änderung des revidierten DBA ist die Vereinbarung einer sogenannten großen Auskunftsklausel. Im Gegensatz zur kleinen Auskunftsklausel, nach der nur Auskünfte erbeten oder übermittelt werden können, die zur Durchführung des DBA selbst notwendig sind, sieht die große Auskunftsklausel die Übermittlung aller Auskünfte vor, die zur Anwendung der DBA oder des innerstaatlichen Rechtes eines Vertragsstaates über die unter das Abkommen fallenden Steuern erforderlich sind. Auskünfte können z. B. über die Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen oder über Beweismittel angefordert werden, die zur steuerlichen Beurteilung erforderlich sind. Auskünfte zur Durchführung rein innerstaatlichen Rechts wie beispielsweise Spontanauskünfte sind somit ebenfalls zulässig.

Quellensteuererleichterungen für Dividenden (Artikel 10 DBA-Schweiz)
Nach Art. 10 Abs. 3 DBA-Schweiz darf zukünftig keine Quellensteuer auf Dividenden einbehalten werden, wenn die empfangende Gesellschaft während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens 12 Monaten unmittelbar über mindestens 10 % der Anteile der ausschüttenden Gesellschaft verfügt. Es ist dabei ausreichend, wenn der Beteiligungszeitraum erst nach dem Zeitpunkt der Zahlung der Dividenden vollendet wird.

Einführung einer Schiedsklausel (Art. 26 DBA-Schweiz)
Daneben haben sich die beiden Staaten über die Einführung einer Schiedsklausel als Ergänzung bzw. Erweiterung zum Verständigungsverfahren geeinigt. Das Schiedsverfahren wird unter bestimmten Voraussetzungen durchgeführt, wenn sich die zuständigen Behörden im Fall einer abkommenswidrigen Situation nicht im Rahmen eines Verständigungsverfahrens einigen konnten.

Inkrafttreten/Ratifikation
Zu seinem Inkrafttreten muss das neue DBA-Schweiz noch in den jeweiligen nationalen Gesetzgebungsverfahren ratifiziert werden. Dem Vernehmen nach soll dies jedoch kurzfristig geschehen, so dass das revidierte Abkommen mit Wirkung zum 1.1.2011 in Kraft treten könnte.

17. Schadensersatz bei illegaler Verbreitung von Musikaufnahmen

Kernaussage
Die Tonträgerherstellungsrechte von Musikverlagen umfassen auch die Rechte zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung. Das unerlaubte Kopieren und Einstellen im Internet von Musikstücken verletzt rechtswidrig diese Urheberrechte. Das LG Hamburg hatte kürzlich über eine Schadensersatzforderung zweier Musikverlage wegen des Einstellens von Musikaufnahmen in eine Internettauschbörse zu entscheiden.

Sachverhalt
Der jugendliche Beklagte stellte in 2006 über den Internetanschluss seines Vaters und ohne dessen Kenntnis, 2 Musikaufnahmen ("Engel" der Gruppe "Rammstein" und "Dreh dich nicht um" des Künstlers "Westernhagen") in eine Internettauschbörse ein, die von anderen Teilnehmern heruntergeladen werden konnten. Die klagenden Musikverlage sind die Inhaber der ausschließlichen Tonträgerherstellerrechte an den Aufnahmen; sie verlangen von dem Jugendlichen und seinem Vater wegen der unerlaubten Nutzung die Zahlung von jeweils 300 EUR Schadensersatz pro Aufnahme an sie. Das Landgericht gab der Klage nur teilweise statt.

Entscheidung
Der jugendliche Beklagte musste an die klagenden Musikverlage Schadensersatz von 15 EUR pro Musiktitel zahlen, die Klage gegen seinen Vater wurde abgewiesen. Der Jugendliche hat das Urheberrecht schuldhaft und rechtswidrig verletzt, indem er die Musikstücke unerlaubt kopiert und ins Internet eingestellt hat. Bei der Höhe des Schadensersatzanspruches muss indes darauf abgestellt werden, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages als angemessene Lizenzgebühr für die Nutzung der Musikaufnahmen vereinbart hätten. Dies ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass es sich bei den Titeln zwar um solche bekannter Künstler handelte, dass die Aufnahmen in 2006 aber bereits viele Jahre alt waren und deshalb nur eine begrenzte Nachfrage anzunehmen war. Wegen des kurzen Zeitraums, in dem die Titel heruntergeladen werden konnten, hat das Gericht die Zahl der Downloads auf 100 geschätzt und die Lizenz in Anlehnung an die GEMA-Tarife auf 15 EUR pro Titel festgelegt.

Konsequenz
Anders als der Jugendliche, war der ebenfalls beklagte Vater weder Täter noch Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung. Er ist zwar als sog. Störer anzusehen, weil er seinem Sohn unter Verletzung von Überwachungspflichten den Internetanschluss zur Verfügung gestellt hat, über den die Rechtsverletzung begangen wurde. Dadurch wird jedoch keine Schadensersatzpflicht begründet.

18. Nicht erfasstes Betriebsvermögen: Keine Nachholung unterlassener AfA

Kernaussage
Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Nach allgemeiner Meinung besteht die Pflicht, diese abschnittsbezogene AfA auch tatsächlich vorzunehmen.

Sachverhalt
Der klagende Erfinder hatte 1987 ein Patent einem Verwertungsbetrieb überlassen. Da er nicht von einer Einkunftserzielungsabsicht ausgegangen war, hatte er das Patent dem Privatvermögen zugeordnet. Dementsprechend war keine AfA vorgenommen worden. Zum 1.1.1998 veräußerte er das Patent für 2 Mio. DM. Bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1998 bejahte das beklagte Finanzamt die Einkunftserzielungsabsicht. Es verständigte sich mit dem Kläger auf einen Einlagewert des Patents zum 1.1.1987 von 375.000 DM und eine Restnutzungsdauer von 19 Jahren. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns 1998 berücksichtigte das Finanzamt den Restbuchwert in Höhe des Einlagewertes abzüglich der rechnerisch auf die Jahre 1987-1997 entfallenden AfA. Bei der noch nicht bestandskräftigen Veranlagung 1997 berücksichtigte es die AfA. Der Kläger wandte dagegen ein, der Aufgabegewinn sei um die rechnerische AfA für 1987-1996 zu mindern, da sie steuerlich nicht berücksichtigt worden seien. Das Finanzgericht gab der Klage statt.

Entscheidung
Der BFH teilt die Auffassung des Finanzamts. Er bestätigt zunächst den Grundsatz, dass unterlassene, abschnittsbezogene AfA in späteren Jahren nachgeholt werden können, wenn eine Berücksichtigung in dem zutreffenden Veranlagungszeitraum verfahrensrechtlich nicht mehr möglich ist. Anders ist es jedoch bei Wirtschaftsgütern des notwendigen Betriebsvermögens, die nicht aktiviert waren und später erstmals in die Bilanz eingebucht werden. Dann bestimmt sich der Bilanzansatz nach dem Wert, der bei von Anfang an richtiger Bilanzierung anzusetzen wäre. Der Einbuchungswert wird also mittels einer Schattenrechnung, bei der die bisher unberücksichtigt gebliebenen AfA von den Anschaffungskosten abgesetzt werden, ermittelt.

Konsequenz
Laut Ansicht des BFH muss wegen des Prinzips der Gesamtgewinngleichheit (Identität des Totalgewinns bei Bilanzierung und bei Einnahme-Überschussrechnung) das Gleiche bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gelten.

19. Abzug ausländischer Verluste: Vererblichkeit der Nachversteuerungspflicht?

Kernproblem
Unterhält ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Ausland eine Betriebsstätte, so sind die daraus erzielten Gewinne nach einem DBA regelmäßig im Inland freigestellt. Die Freistellung umfasst nach Auffassung des BFH auch Verluste (sog. Symmetriethese), so dass die Verluste nicht mit inländischen Einkünften verrechnet werden können. Für bis 1989 entstandene ausländische Betriebsstättenverluste sah § 2 AuslInvG indes eine Ausnahme vor: Demnach konnten ausländische Betriebsstättenverluste im Inland abgezogen werden, jedoch mussten diese Verluste in den Folgejahren im Inland (nach-)versteuert werden, soweit die ausländische Betriebsstätte wieder Gewinne erzielte. Fraglich war bislang, ob diese Nachversteuerungspflicht auf einen Erben übergeht, wenn der Erblasser vor seinem Tod entsprechende ausländische Verluste im Inland abgezogen hatte.

Sachverhalt
Der Vater des Klägers hatte vor 1982 Verluste aus einer in den USA belegenen Betriebsstätte vom inländischen Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen. In 1982 verstarb der Vater und vererbte 20 % seines Vermögens auf den Sohn. Dieser erzielte in 1986 aus der zuvor verlusterleidenden Betriebsstätte wieder Gewinne, die das Finanzamt trotz grundsätzlicher DBA-Freistellung der Gewinne den inländischen Einkünften hinzurechnete (Nachversteuerungspflicht gem. § 2 AuslInvG). Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht war ebenso erfolglos wie die Revision beim Bundesfinanzhof.

Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung der Vorinstanz und des Finanzamts, wonach die Pflicht zur Nachversteuerung gem. § 2 AuslInvG auf den Erben übergeht. Begründet wird dies mit der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB), wonach der Erbe grundsätzlich sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers eintritt. Dem stehe auch nicht der Beschluss des Großen Senats aus 2007 entgegen, da die dort genannte Ausnahme (höchstpersönliche Verhältnisse des Erblassers) vorliegend nicht zutreffe.

Konsequenzen
Die Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste nach § 2 AuslInvG ist zwar nur für Verlust bis 1989 möglich, jedoch wurde die Nachversteuerungspflicht mit dem JStG 2009 auf unbegrenzte Zeit verlängert, so dass auch zukünftige Generationen durch Hinzurechnungen bedroht bleiben. Steuerplanerisch lässt sich diese Bedrohung unter Umständen durch eine Maßnahme nach § 2 Abs. 2 AuslInvG vermeiden, beispielsweise durch eine Umwandlung der Betriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft.

20. Automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Rentenalters?

Kernfrage
Tarif- und Arbeitsverträge sehen vor, dass Arbeitsverhältnisse automatisch enden, wenn der Arbeitnehmer das Alter erreicht, das ihn zum Eintritt in die gesetzliche Regelaltersrente berechtigt. Der Europäische Gerichtshof hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob solche tarif- oder arbeitsvertraglichen Klauseln eine Altersdiskriminierung darstellen.

Sachverhalt
Die Klägerin war beruflich 39 Jahre lang mit Tätigkeiten der Gebäudereinigung befasst. Ihr Arbeitsvertrag endete gemäß dem geltenden Tarifvertrag mit Ablauf des Monats, in dem sie Anspruch auf Altersrente hat, spätesten mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollendet. Mit Erreichen des Rentenalters teilte der Arbeitgeber der Klägerin mit, dass ihr Arbeitsverhältnis ende. Gegen diese Altersrenten-Klausel des Tarifvertrages wandte sich die Klägerin und begehrte, gestützt auf europarechtliche Diskriminierungsverbote, Weiterbeschäftigung.

Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof bestätigte die deutsche Gesetzeslage. Zwar könne die Renten-Klausel eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung darstellen. Diese sei aber gerechtfertigt. Denn mit einer solchen Klausel werde keine zwingende Regelung des Eintritts in den Ruhestand eingeführt, sondern sie hat eine Art und Weise der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens des Rentenalters unabhängig von einer Kündigung zum Inhalt. Da derartige Klauseln den Arbeitnehmern eine gewisse Stabilität der Beschäftigung bieten und langfristig einen vorhersehbaren Eintritt in den Ruhestand verheißen, während sie gleichzeitig den Arbeitgebern eine gewisse Flexibilität in ihrer Personalplanung bieten, seien sie über die automatische Beendigung von Arbeitsverhältnissen Niederschlag eines Ausgleichs zwischen divergierenden, aber rechtmäßigen Interessen im Kontext der Beziehungen im Arbeitsleben. Diese Ziele seien grundsätzlich als solche anzusehen, die eine von den Mitgliedstaaten vorgesehene Ungleichbehandlung wegen des Alters als "objektiv und angemessen" erscheinen lassen und "im Rahmen des nationalen Rechts" rechtfertigen.

Konsequenz
Die Entscheidung sichert solche Klauseln in Arbeitsverträgen, die standardisiert vorsehen, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des gesetzlichen Regelrentenalters beendet wird. Unabhängig davon ist die Frage, wie mit Klauseln in Altverträgen umzugehen ist, die eine Beendigung zum Erreichen des 65. Lebensjahres vorsehen. Hier sollte man durch Auslegung zum gleichen Ergebnis kommen.

21. BMF: Auswirkung des MoMiG auf nachträgliche Anschaffungskosten (§ 17 EStG)

Eigenkapitalersatzrecht: Wesentliche Änderungen durch MoMiG
Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), das am 1.11.2008 in Kraft getreten ist, wurden die bisherigen Regelungen zu eigenkapitalersetzenden Darlehen aufgehoben und im Insolvenzrecht sowie im Anfechtungsgesetz neu geordnet. Wesentliche Änderung ist, dass im Fall der Insolvenz nunmehr sämtliche Rückzahlungsansprüche aus Gesellschafterdarlehen hinter die Ansprüche anderer Gläubiger zurücktreten. Zudem kann eine Darlehensrückzahlung angefochten werden, wenn die Rückzahlung innerhalb eines Jahres (oder eine Besicherung innerhalb von 10 Jahren) vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgte.

Kernproblem
Der Gewinn aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften, an denen der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahren zu mindestens 1 % beteiligt war, unterliegt dem sog. Teileinkünfteverfahren, d. h. der Gewinn ist zu 60 % einkommensteuerpflichtig. Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns ist dabei die Bestimmung der Anschaffungskosten von wesentlicher Bedeutung. Zu den (nachträglichen) Anschaffungskosten konnten nach bisheriger Rechtslage auch Verluste aus dem Ausfall einer Darlehensforderung, die ein Gesellschafter gegen "seine" Gesellschaft hatte, gehören. Voraussetzung hierfür war, dass die Darlehensverluste gesellschaftsrechtlich veranlasst waren. Dies lag nach Auffassung des BFH vor, wenn das Darlehen (nach Zivilrecht) kapitalersetzend war. Da das gesamte Eigenkapitalersatzrecht mit Inkrafttreten des MoMiG entfallen ist, stellt sich die Frage nach den Auswirkungen auf die Bestimmung nachträglicher Anschaffungskosten. Hierzu hat das BMF nunmehr Stellung genommen.

Auffassung der Finanzverwaltung
Nach Auffassung der Finanzverwaltung haben die zivilrechtlichen Änderungen durch das MoMiG nur sehr begrenzt Auswirkungen auf die Einordnung von Darlehensverlusten als nachträgliche Anschaffungskosten. Demnach ist weiterhin auf die gesellschaftsrechtliche Veranlassung abzustellen. Entsprechend dem bisherigen Vorgehen wird für die Bestimmung des Umfangs nachträglicher Anschaffungskosten an der Einteilung in 4 Fallgruppen festgehalten: "Krisendarlehen" und "Finanzplandarlehen" führen wie bisher zu nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe des Nennwerts, während für "stehengelassene Darlehen" nur Anschaffungskosten in Höhe des gemeinen Werts zum Zeitpunkt des Stehenlassens entstehen. Für "krisenbestimmte Darlehen" hingehen ist zu differenzieren: Erfolgt die Krisenbindung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen, so ist der Nennwert maßgeblich. Bei Krisenbindung aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen hingegen ist auf den (ggf. geringeren) gemeinen Wert im Zeitpunkt des Beginns des Anfechtungszeitraums abzustellen.

Konsequenzen
Wie fast schon zu erwarten, hat sich die Finanzverwaltung der Ansicht des Schrifttums, dass seit Inkrafttreten des MoMiG nunmehr ausnahmslos sämtliche Gesellschafterdarlehen bei Ausfall steuerlich als nachträgliche Anschaffungskosten mit dem Nennwert (und nicht gemeinen Wert) zu berücksichtigen sind, nicht angeschlossen. Eine höchstrichterliche Klärung der Frage steht bislang aus. In der Praxis empfiehlt sich indes aus Sicherheitsgründen, stets eine ausdrückliche Krisenbestimmung zu treffen, so dass bei einem etwaigen Ausfall der Darlehensforderung (auch nach Auffassung der Finanzverwaltung) nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe des Nennwerts entstehen.

22. BFH zweifelt an Verfassungsmäßigkeit der Bewertung des Grundvermögens

Kernaussage
Die Grundsteuer ermittelt sich als Produkt aus dem Einheitswert des Grundstücks, der Grundsteuermesszahl sowie dem Hebesatz der Gemeinde. Einheitswerte wurden zuletzt zum 1.1.1964 (alte Bundesländer) bzw. 1.1.1935 (neue Bundesländer) festgestellt. Obwohl die Einheitswerte älter sind als die meisten Grundstücksbesitzer, hat die Rechtsprechung diese bisher für Zwecke der Grundsteuer akzeptiert.

Entscheidung
Anlässlich eines Streites um die Bewertung eines Lebensmittelmarktes hat der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit der Einheitswerte angezweifelt, soweit diese Stichtage nach dem 1.1.2007 betreffen. Zur Begründung verweist der BFH darauf, dass eine über mehr als 40 Jahre unveränderte Einheitsbewertung gegen eine der Realität entsprechenden Bewertung spreche. Gleiches gilt für den Umstand, dass Wertminderungen wegen Alters seit dem 1.1.1964 nicht mehr berücksichtigt werden. Ebenso sieht der BFH nicht hinzunehmende Vollzugsdefizite, da die Finanzämter mangels einer grundlegenden Neubewertung, nicht sicherstellen können, dass ihnen alle relevanten Veränderungen bekannt werden.

Konsequenz
Auch wenn der BFH es nicht offen ausspricht, so ist das Urteil als recht eindeutiger Hinweis zu verstehen, dass er nicht mehr lange gewillt ist, die bestehende Praxis hinzunehmen. Ob das Bundesverfassungsgericht diese Auffassung teilt, bleibt abzuwarten. Zuletzt hatte es die Frage bewusst offen gelassen. Wer das Urteil zum Anlass nehmen möchte, um gegen die Höhe der Grundsteuer vorzugehen, muss gegen die Feststellung der Einheitswerte nach dem 1.1.2007 vorgehen. Rechtsbehelfe gegen den Grundsteuer- oder den Grundsteuermessbescheid laufen insoweit ins Leere. Vor Einlegung eines Rechtsbehelfes ist aber zu prüfen, ob sich dieser angesichts der zumeist geringen Höhe der Grundsteuer lohnt.

23. Forderungsabtretung birgt umsatzsteuerliche Risiken

Kernaussage
Die Abtretung von Forderungen an Inkassobüros ist ein beliebtes Mittel zur Sicherung der Liquidität. Unternehmer, die hiervon Gebrauch machen, sollten jedoch die umsatzsteuerlichen Konsequenzen ins Kalkül einbeziehen.

Sachverhalt
Der Kläger trat bei Zahlungsverzug seine Forderungen an ein Inkassobüro ab. Das Inkassobüro zahlte hierfür 25 % des Nennwertes der Forderungen und übernahm das Ausfallrisiko. Der Kläger erfasste die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten und versteuerte lediglich die Zahlungen, die er vom Inkassobüro erhalten hatte. Dem stimmte das beklagte Finanzamt nicht zu und verlangte die Umsatzsteuer, berechnet nach den mit den Kunden vereinbarten Entgelten (100 %), da diese mit der Abtretung als vereinnahmt gelten würden. Eine Uneinbringlichkeit und damit eine Korrektur der Umsatzsteuer sei nur möglich, soweit seitens der Kunden Zahlungen an das Inkassobüro ausblieben. Das Finanzgericht wies die Klage ab, die Revision des Klägers vor dem Bundesfinanzhof hatte schließlich Erfolg.

Entscheidung
Der BFH folgt zwar zunächst der Auffassung des Finanzamtes, nach der eine Forderungsabtretung keine Auswirkung auf die Umsatzsteuer hat, also insbesondere nicht als Entgeltsminderung zu qualifizieren ist. Im Gegensatz zum Finanzamt sieht der BFH jedoch keinen Zufluss der Forderungen durch deren Abtretung an das Inkassobüro. Vielmehr ist ein Zufluss erst im Zeitpunkt der Zahlung der Kunden an das Inkassobüro gegeben.

Konsequenz
Das Urteil mag rechtssystematisch korrekt sein, ist jedoch für die Praxis wenig tauglich. Inkassobüros dürften wenig Interesse daran haben, den Abtretenden gegenüber offen zu legen, wie viel sie von den abgetretenen Forderungen noch realisieren konnten. Wer daher Forderungen abtreten möchte, muss z. B. durch eine vertragliche Vereinbarung dafür Sorge tragen, dass das Inkassobüro ihm die entsprechenden Werte bekannt gibt. Ob dies allerdings in der Praxis möglich sein wird, ist fraglich. Im Fall hatte der Unternehmer noch das Glück, nach vereinnahmten Entgelten versteuern zu dürfen. Für den Regelfall, der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten, muss der Abtretende damit rechnen, dass er die Beweislast für den Nachweis der Entgeltsminderung trägt. Ohne Hilfe des Inkassobüros wird er auf der Umsatzsteuer sitzen bleiben.

24. Vorsteueraufteilung: Gelingt dem Umsatzschlüssel der Durchbruch?

Kernaussage
Werden Grundstücke sowohl für Zwecke genutzt, die den Vorsteuerabzug zulassen, als auch für solche, die diesen ausschließen, so müssen hierauf entfallende Vorsteuerbeträge aufgeteilt werden.

Rechtslage bis Ende 2003
Bis zum 31.12.2003 konnte die Vorsteuer nach dem Umsatzschlüssel, dem Verhältnis der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze zum Gesamtumsatz, aufgeteilt werden. Der Umsatzschlüssel war regelmäßig günstiger als die von der Finanzverwaltung favorisierte Aufteilung nach Flächen. Mit Wirkung zum 1.1.2004 wurde das UStG auf Betreiben der Finanzverwaltung derart geändert, dass die Anwendung des Umsatzschlüssels faktisch nicht mehr möglich war. Umstritten ist, ob diese Regelung dem Gemeinschaftsrecht entspricht, das den Umsatzschlüssel als Regelmaßstab vorsieht.

Vorlage an den EuGH
Der Bundesfinanzhof hat nun in einem dort anhängigen Streitfall dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die deutsche Regelung zulässig ist. Konkret geht es im anhängigen Verfahren um die Frage, ob die betreffende EG-Richtlinie dahingehend auszulegen, dass die Mitgliedstaaten ermächtigt sind, für die Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt-genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsmaßstab als den Umsatzschlüssel vorzuschreiben?

Konsequenz
Unternehmer die die Herstellung von gemischt genutzten Objekten planen, müssen Folgendes beachten: Die Vorsteuer aus der Herstellung von gemischt genutzten Gebäuden ist nach einem einheitlichen Maßstab aufzuteilen. Eine direkte Zuordnung der Vorsteuerbeträge zu einzelnen Nutzungen ist nicht möglich. Der Wahl des Aufteilungsmaßstabs ist daher von erheblicher Bedeutung, da das gesamte Vorsteuervolumen hiervon betroffen ist. Da der einmal gewählte Maßstab auch für die Folgejahre bindend ist, kann mit der Entscheidung hierüber auch nicht gewartet werden, bis die Entscheidung des EuGH vorliegt. Wer daher von einer günstigen Entscheidung des EuGH profitieren will, muss den Umsatzschlüssel ansetzen und dies der Finanzverwaltung mit der ersten Voranmeldung ausdrücklich offen legen. Akzeptiert die Finanzverwaltung dies nicht, kann unter Berufung auf das beim EuGH anhängige Verfahren das Ruhenlassen des Verfahrens beantragt werden. Angesichts der diffizilen Rechtslage sowie des Umstandes, dass die Entscheidung über den Aufteilungsschlüssel schon im Vorfeld der Investition getroffen werden muss, sollte auf steuerlichen Rat nicht verzichtet werden; Fehlentscheidungen in diesem Bereich sind teuer und regelmäßig nicht mehr reversibel.

25. Reverse-Charge: Wer ist im Inland ansässig?

Kernaussage
Unternehmer, die Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Unternehmern beziehen, sind verpflichtet, die Umsatzsteuer auf diese Leistungen einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (Reverse-Charge). Wer dies übersieht, wird vom Fiskus zur Kasse gebeten. Doch auch für den leistenden Unternehmer birgt die Regelung unliebsame Überraschungen.

Sachverhalt
Der klagende Unternehmer mit privatem Wohnsitz in Deutschland erbrachte über sein in Österreich befindliches Unternehmen Leistungen an hiesige Unternehmen, die in Deutschland steuerbar waren. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass er aus deutscher Sicht ein im Ausland ansässiger Unternehmer sei. Er rechnete daher seine Leistungen gegenüber seinen Kunden netto ab, weil er diese als Schuldner der Umsatzsteuer ansah. Dem folgte das beklagte Finanzamt nicht. Es verlangte vom Kläger die Umsatzsteuer mit der Begründung, er sei aufgrund seines privaten Wohnsitzes in Deutschland im Inland ansässig.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof gibt der Finanzverwaltung Recht hinsichtlich der Auslegung des nationalen UStG. Da er aber Zweifel hat, ob die Anknüpfung an den privaten Wohnsitz den Vorgaben des Gemeinschaftsrechtes entspricht, hat er dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob ein Steuerpflichtiger bereits dann ein "im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger" i. S. d. betreffenden EG-Richtlinie ist, wenn er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit im Ausland hat, oder ob als weitere Voraussetzung hinzukommen muss, dass er seinen privaten Wohnsitz nicht im Inland hat?

Konsequenz
Der Fall zeigt einmal mehr, welche Risiken bestehen, wenn nicht beachtet wird, wer Schuldner der Umsatzsteuer ist. In der Regel wird dies den Leistungsempfängern zum Verhängnis, die im Zweifel die Umsatzsteuer einbehalten müssen, sofern Ihnen der leistende Unternehmer nicht die aktuell neu aufgelegte "Bescheinigung über die Ansässigkeit" vorlegt. Hier trifft es allerdings den Leistenden, was insofern beachtlich ist, als in der Praxis die Auffassung vorherrscht, dass in solchen Fällen keine Risiken bestehen, sofern die Leistungsempfänger - wie im Fall - zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Aus Sicht der Praxis wäre es zu begrüßen, wenn der EuGH dem Kläger zustimmen würde. Den Beteiligten würde dies ersparen, neben dem Unternehmenssitz auch noch den privaten Wohnsitz bei der Feststellung des Steuerschuldners ins Kalkül einzubeziehen. Dies gilt umso mehr für die Rechtslage ab dem 1.1.2010. Hiernach werden Unternehmer, die eine Leistung von einer ausländischen Betriebsstätte erbringen, als im Ausland ansässige Unternehmer behandelt, auch wenn sie eine Betriebsstätte im Inland besitzen. Da die Rechtslage aber insofern nicht eindeutig ist, bleibt die Entscheidung des EuGH abzuwarten.

26. Umsatzsteuer-Anwendungserlass ersetzt Umsatzsteuerrichtlinien

Aktuelle Rechtslage
Die Umsatzsteuer hat sich, nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des EuGH, zu einem der dynamischsten Steuerrechtsgebiete entwickelt. Die Finanzverwaltung kommt hier nur noch mühsam nach. Die Folge sind rechtlich vollkommen veraltete Umsatzsteuerrichtlinien, die leider in der Praxis zu häufig unreflektiert von der Finanzverwaltung den eigenen Entscheidungen zugrunde gelegt werden. Doch dies soll sich nun ändern.

Neue Verwaltungsanweisung
Mit Wirkung vom 1.11.2010 ersetzt der ca. 600-seitige Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) die Umsatzsteuerrichtlinien 2008. Neue Umsatzsteuerrichtlinien wird es nicht mehr geben. Der UStAE soll zeitnah an die laufende Rechtsprechung angepasst werden, mindestens eine Neuauflage jährlich ist geplant.

Konsequenzen
Der Erlass ist auf alle Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.10.2010 ausgeführt werden. Faktisch ist er jedoch auch für Zeiträume vor diesem Datum zu beachten, da er die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung wiedergibt, während die UStR 2008 hoffnungslos überholt sind. Wer den Erlass nutzt, muss allerdings beachten, dass laufend neue Urteile die Rechtslage ändern und auch der derzeit vorliegende Erlass noch nicht alle aktuellen Urteile erfasst. So sind schon vor seinem Inkrafttreten wieder 3 neue BMF-Schreiben ergangen, die den UStAE ändern. Darüber hinaus bindet der Erlass nur die Finanzverwaltung und gibt auch nur deren Rechtsauffassung wieder. Unliebsame Urteile dürften auch weiterhin nicht berücksichtigt werden. Wer umsatzsteuerlich gut beraten sein will, muss daher unverändert die aktuelle Rechtsprechung verfolgen. Ungeachtet dieser Einschränkungen ist der Erlass jedoch als Schritt in die richtige Richtung zu werten, da er es erleichtert, sich ein Bild von der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu machen.

27. Keine nachträglichen Anschaffungskosten bei freiwilliger Übernahme von Verbindlichkeiten

Kernproblem
Gewinne bzw. Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, an der der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahren zu mindestens 1 % beteiligt war, gehören zu den Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Veräußerung steht die Auflösung der Kapitalgesellschaft gleich. Als Auflösungsverlust gilt dabei der Betrag, um den die Auflösungskosten sowie die Anschaffungskosten den anteiligen gemeinen Wert des zugeteilten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen. In der Praxis führt die Ermittlung der nachträglichen Anschaffungskosten häufig zu Diskussionen zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung. Der Bundesfinanzhof hatte sich nun mit der Frage zu befassen, ob freiwillige Zahlungen des Anteilseigners an einen Gläubiger der Kapitalgesellschaft, obschon die Verbindlichkeit aufgrund der Vollbeendigung der Kapitalgesellschaft nicht mehr bestand, als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigt werden können.

Sachverhalt
Kläger war eine zu 100 % an einer GmbH beteiligte natürliche Person. Nach Stellung eines Insolvenzantrags wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im März des Streitjahres 2002 mangels Masse abgelehnt. Nach Löschung der GmbH leistete der Kläger eine freiwillige Zahlung von ca. 75.000 EUR zur Ablösung eines Restdarlehens der GmbH. Der Kläger begründete die Zahlung an eine ortsansässige Bank mit der Aufrechterhaltung seiner geschäftlichen Reputation und der Verwirklichung weiterer geschäftlicher Unternehmungen. Das beklagte Finanzamt lehnte die Anerkennung der freiwilligen Zahlungen als nachträgliche Anschaffungskosten ab. Die Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung setzt der BFH für die Anerkennung nachträglicher Anschaffungskosten u. a. voraus, dass die Aufwendungen gesellschaftsrechtlich verlasst sind. Daran mangele es jedoch im Streitfall, da die Zahlungen aufgrund persönlicher Interessen des Anteilseigners gezahlt worden seien und somit in keinem sachlichen Zusammenhang mit der konkreten Beteiligung stehen. Die GmbH sei vielmehr vollbeendet gewesen, so dass keine Forderung der Bank gegen die GmbH mehr bestand, die der Kläger hätte ablösen und damit der GmbH Kapital zufügen können.

Konsequenzen
In der Praxis dürfte der Fall, dass ein Anteilseigner freiwillig Aufwendungen für Verbindlichkeiten "seiner" vollbeendeten GmbH leistet, eher selten sein. Praxisrelevanter für den Steuerpflichtigen ist vielmehr die erneute Bestätigung der Rechtsprechung, nach der ein Veräußerungs- oder Aufgabeverlust vollständig (und nicht nur zu 60 %) zu berücksichtigen ist, wenn der Steuerpflichtige zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit Einnahmen aus der Beteiligung bezogen hat. Aufgrund der geplanten Gesetzesänderung durch das JStG 2010 gilt dies aber wohl nur noch für Verluste, die bis zum 31.12.2010 realisiert werden.

28. Einspruchsrücknahme gegen Steuerbescheid nur ausnahmsweise unwirksam

Kernaussage
Durch die Rücknahme eines Einspruchs wird der Bescheid bestandskräftig und kann nur noch dann geändert werden, wenn die Rücknahme unwirksam ist. An die Unwirksamkeit der Einspruchsrücknahme sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen. Dabei liegt eine unzulässige Einwirkung auf die Willensbildung des Steuerpflichtigen weder in der Durchführung einer Außenprüfung noch in der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens.

Sachverhalt
Die Geschäftsführerin einer GmbH legte für diese gegen eine Steuerfestsetzung Einspruch ein. Im weiteren Verlauf wurde die Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung durch das Finanzamt angeordnet und ein Steuerstrafverfahren gegen die Geschäftsführerin eingeleitet. Zudem übersandte das Finanzamt ein Schreiben, in dem ihr die Festsetzung einer irrtümlich in Euro statt in DM ausgewiesenen Zahllast für den Fall der Weiterverfolgung des Einspruchs angedroht wurde. 4 Monate nach Zugang des Schreibens wurde der Einspruch zurückgenommen. Die Klägerin macht geltend, dass sie vom beklagten Finanzamt zu diesem Schritt genötigt wurde und die Einspruchsrücknahme daher unwirksam sei.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Erforderlich sei eine unzulässige Einwirkung der Behörde auf die Willensbildung des Steuerpflichtigen. Eine solche sei weder in der Durchführung einer Außenprüfung noch in der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens zu sehen. Auch ist das Schreiben des Beklagten, trotz unrichtiger Auskunft, nicht geeignet, 4 Monate später einen solchen psychischen Druck auf die Klägerin auszuüben, dass sie sich zur Einspruchsrücknahme gezwungen gesehen hätte. Insofern fehlt es an der Kausalität. Die Klägerin hat gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Konsequenz
Es ist höchstrichterlich geklärt, dass die Unwirksamkeit der Rücknahme eines Einspruchs nur in außergewöhnlichen Fällen unzulässiger Einwirkung auf die Willensbildung des Steuerpflichtigen in Betracht kommt. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Rücknahme durch bewusste Täuschung, Drohung, bewusst falsche Auskunft oder mittels rechtlich unzutreffender Erwägungen der Finanzbehörde insbesondere gegenüber rechtsunkundigen Steuerpflichtigen veranlasst wird. Die Unwirksamkeit einer Einspruchsrücknahme ist dann innerhalb einer Jahresfrist geltend zu machen (§ 362 Abs. 2 Satz 2 AO, § 110 Abs. 3 AO).

29. Steuerliche Handlungsempfehlungen zum Jahresende

Änderungen zum Jahreswechsel
"Alle Jahre wieder" kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch die jährliche Steuererklärung. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit machen wir im Folgenden auf einige steuerliche Änderungen aufmerksam, die der Jahreswechsel mit sich bringt.

Gewinnermittlung
Degressive Abschreibung: Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann statt der linearen Absetzung für Abnutzung (AfA) die degressive AfA gewählt werden. Diese beträgt 25 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AK/HK), höchstens das 2 ½-fache der linearen AfA (die Einschränkung tritt rechnerisch bei Anlagegütern mit Nutzungsdauern von mehr als 10 Jahren ein). Ab dem Zweitjahr wird der so ermittelte Prozentsatz auf den Restbuchwert angewendet (bis zu einem späteren Übergang zur linearen AfA, sobald diese durch Verteilung des Restbuchwerts auf die Restnutzungsdauer günstiger ist). Die degressive AfA gilt nur noch, wenn das begünstigte Anlagegut vor dem 1.1.2011 angeschafft oder hergestellt wird. Hier ist zu prüfen, ob Investitionen vorzuziehen sind. Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) in Pool- oder Direktabschreibung: Bereits für nach dem 31.12.2009 angeschaffte oder hergestellte GWG´s wurde die Altregelung als Wahlrecht wieder eingeführt. So können selbstständig nutzbare Anlagegüter mit Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von bis zu 410 EUR netto (anstatt 150 EUR) sofort als GWG oder über die Nutzungsdauer verteilt abgeschrieben werden. Wahlweise können Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von über 150 EUR bis 1.000 EUR in den Sammelposten mit Poolabschreibung eingestellt werden (Abschreibung über 5 Jahre). Das Wahlrecht ist wirtschaftsjahrbezogen für alle Zugänge auszuüben. Nachteile der Poolabschreibung sind damit bei Nutzungsdauern von unter 5 Jahren gegeben (z. B. Laptop: 3 Jahre), während Vorteile im Jahr der Anschaffung durch die volle Jahres-AfA (keine Zeitanteiligkeit) oder bei längeren Nutzungsdauern möglich sind. Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung: Die Größenmerkmale für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags (bis zu 40 % der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten) werden für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2010 enden, herabgesetzt. Die Begünstigung gilt für Land- und Forstwirte bei einem Wirtschaftswert von neu bis zu 125.000 EUR (bisher 175.000 EUR), für Gewerbetreibende/Freiberufler bei Bilanzierung mit Eigenkapital von bis zu 235.000 EUR (335.000 EUR) und bei Einnahmen-Überschussrechnung der vorgenannten Betriebe mit Gewinn bis zu 100.000 EUR (200.000 EUR). Für die Anwendung der Sonderabschreibung (von bis zu 20 %) sind die Größenmerkmale zum Schluss des Wirtschaftsjahres maßgebend, das der Investition vorangeht (d. h. bei Investition in 2010 und kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr ist der 31.12.2009 mit den erhöhten Größenmerkmalen zu prüfen). Soweit die Inanspruchnahme des Abzugsbetrages für bewegliche Anlagegüter geplant ist, sollten die neuen Grenzwerte geprüft werden, um ggf. den Antrag vorzuziehen.

Gesellschafter von Kapitalgesellschaften und Kapitalanleger
Liquidationsverluste: Der BFH hat dieses Jahr entschieden, dass ein Liquidationsverlust in voller Höhe (anstatt im Teileinkünfteverfahren zu 60 %) abzugsfähig ist, wenn der Anteilseigner zu keinem Zeitpunkt Einnahmen aus seiner Beteiligung an der Kapitalgesellschaft erzielt hat. Nachdem ein Nichtanwendungserlass des BMF gescheitert ist, soll mit dem JStG 2010 ab 2011 eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, die den Abzug wieder einschränkt. Bei Abschluss der Liquidation im Jahr 2010 kann ein sich ergebender Verlust unter den vom BFH geforderten Voraussetzungen in voller Höhe steuerlich geltend gemacht werden. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Verlustrealisierung (möglichst in 2010) gilt es, unterschiedliche Rechtsprechungen zu beachten. Die Veräußerung zu einem symbolischen Kaufpreis von 1 EUR soll allerdings nicht weiterhelfen und bereits eine schädliche Einnahme sein, wie das FG Düsseldorf urteilt (Revision ist beim BFH anhängig). Option zur Regelbesteuerung: Bei unternehmerischer Betätigung (Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zu mehr als 25 % oder mind. 1 % bei gleichzeitiger beruflicher Tätigkeit für die Gesellschaft) besteht die Option, die hieraus im Privatvermögen zufließenden Kapitalerträge abweichend von der Abgeltungssteuer einer Regelbesteuerung zu unterwerfen. Die Option eröffnet den Abzug von Werbungskosten und Verlustverrechnungsmöglichkeiten. Der Antrag ist spätestens mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung zu stellen (Ausschlussfrist nach Auffassung des BMF). Erteilung einer Verlustbescheinigung: Negative Kapitalerträge hat die auszuzahlende Stelle (i. d. R. das Kreditinstitut) bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge auszugleichen. Nicht ausgeglichene Verluste sind grundsätzlich auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen. Der Gläubiger kann jedoch verlangen, dass über die Höhe des nicht ausgeglichenen Verlustes eine Bescheinigung erteilt wird. Der unwiderrufliche Antrag muss bis zum 15. Dezember des laufenden Jahres der auszuzahlenden Stelle zugehen. Mit Hilfe der Bescheinigung kann beim Finanzamt mit Abgabe der Steuererklärung ein Veranlagungsantrag zur Überprüfung des Steuereinbehalts gestellt werden. Der Antrag macht Sinn, wenn gleichartige positive Kapitalerträge bei anderen Kreditinstituten vorliegen, um diese mit den Verlusten zu verrechnen.

Arbeitnehmer
Lohnsteuerkarte: Die Lohnsteuerkarte wird letztmalig für das Kalenderjahr 2010 ausgestellt. Für den Lohnsteuerabzug im Jahr 2011 bleibt die Lohnsteuerkarte 2010 weiterhin gültig. Der Arbeitgeber hat diese aufzubewahren und dem Arbeitnehmer ggf. für Änderungen zur Verfügung zu stellen. Sämtliche Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 2010 sind ab dem 1.1.2011 durch das Wohnsitz-Finanzamt vorzunehmen. Den Arbeitnehmer trifft eine Anzeigepflicht, soweit die Eintragungen zur Steuerklasse und Anzahl der Kinder auf der Lohnsteuerkarte 2010 von den tatsächlichen Verhältnissen zu Beginn des Jahres 2011 zu seinen Gunsten abweichen. In besonderen Fällen erteilt das Finanzamt auf Antrag eine Ersatzbescheinigung (z. B. wenn 2010 keine Lohnsteuerkarte ausgestellt wurde). Bei Auszubildenden mit erstmaliger Berufstätigkeit in 2011 soll dagegen unter Anwendung der Steuerklasse I auf eine Lohnsteuerkarte komplett verzichtet werden.

Privathaushalte
Neben den sich jedes Jahr wiederholenden Hinweisen zur Ausschöpfung der Höchstbeträge von Sonderausgaben (z. B. Vorsorgeaufwendungen) sei hier im Besonderen auf die Nutzung der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse (510 EUR) und Dienstleistungen (4.000 EUR) sowie Handwerkerleistungen (1.200 EUR) hingewiesen. Abzugsfähig sind jeweils 20 % der unbar geleisteten, durch Rechnung nachgewiesenen Arbeitskosten. Die bei der überwiegenden Anzahl der Haushalte anfallende Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen ist damit bereits bei Aufwendungen von 6.000 EUR ausgeschöpft. Weil der Zahlungszeitpunkt entscheidend ist (das gilt zumindest bei nicht regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben, wie den Handwerkern), lässt sich das Abzugsjahr gestalten.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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